Das Thing

 

Volks- und Gerichtsversammlungen nach dem alten germanischen Recht wurden als Thing bezeichnet. Der Ursprung des Begriffes Thing ist nicht bekannt. In Deutschland gehört die von Thing hergeleitete Bedeutung von Ding als Ort der verbindlichen Rechtspflege zum festen Bestand des Wortschatzes, wie zum Beispiel in dinglich, Bedingung, (un)abdingbar, dingfest oder dingflüchtig.

Der Thingplatz musste zentral liegen und gut zu finden sein. Häufig wählte man deshalb Hügel oder Plätze mit markanten Landmarken, wie Steinen oder Bäumen. Unter den Bäumen bevorzugte man die Linde und die Eiche. Beliebte Thingplätze waren auch die Stammesheiligtümer, die meist in Hainen oder auf Bergen lagen. Der Thingplatz wurde ringsherum meist mit Steinen oder Haselstangen eingehegt.

Das Thing bestand aus 12 freien Männern oder bei besonderen Entscheidungen aus 2 oder 3 mal 12 Männern. Den Vorsitz über die Versammlung führte der König bzw. das Stammes- oder Sippenoberhaupt. Der "Lovsigemannen" (Rechtssprecher) sprach dann im Namen der Versammlung Recht. Allgemein waren zum Thing alle freien Männer eines bestimmten Gebietes verpflichtet, auch wenn die Reise zur Thingstätte Zeit und Geld kostete. Frauen, Kinder, Fremde oder Sklaven waren nicht zugelassen.

Termine der Versammlungen waren genau festgelegt und an den Mondphasen orientiert. Es fand stets am Tag statt (daher Tagung) und dauerte drei Tage. Man traf sich regelmäßig. Je nach Größe des Stammes konnten die Abstände einen Monat oder sogar drei Jahre auseinander liegen. Zu besonderen Ereignissen wie dem Kriegsfall traf man sich auch außerplanmäßig. Das Geltungsgebiet des Things fiel zusammen mit dem Stammesgebiet. War der Stamm sehr groß, wurde das Gebiet unterteilt und jeder Teil hatte sein eigenes Thing. Man traf sich dann nur noch mit allen Teilen zu Angelegenheiten die den gesamten Stamm angingen (z.B. bei einer Entscheidung um Krieg oder Frieden oder den Übergang zum Christentum). Das Thing diente der politischen Beratung ebenso wie Gerichtsverhandlungen und auch kultischen Zwecken. Der altgermanische Gott Tyr galt als „Schutzherr des Things“. Mit der Eröffnung der Versammlung wurde der Thingfriede ausgerufen.

Wurde ein Mann eines Verbrechens angeklagt und vom Thing schuldig gesprochen konnte er mit Geldstrafen, Folter, Verbannung oder im schlimmsten Fall mit dem Tode bestraft werden. Eine dieser Todesstrafen war z.B. bei Vatermord der Blutaar oder Blutadler (altnord. blóðörn). Dem Opfer wurde dabei der Rücken aufgeschnitten, die Rippen beidseitig von der Wirbelsäule getrennt und – wie Adlerschwingen – zur Seite geklappt. Schließlich wurden noch die Lungen herausgezogen. Historische Quellen sprechen hier auch von der Bestrafung 'einen Adler zu schnitzen'.

Streitigkeiten konnten aber auch außerhalb des Things z.B. durch einen Holmgang, ein Duell mit Schwert und Schild, geklärt werden. Für einen Holmgang gab es detaillierte Regeln. Wenn das Duell in der Nähe der Küste stattfand wählte man eine kleine (unbewohnte) Insel oder eine Schäre. Im Landesinneren suchte man eine abgelegene Stelle auf. Wenn das erste Blut auf den Boden tropft war der Holmgang entschieden. Einen Holmgang zu gewinnen galt als Zeichen, dass der Gewinner Recht hatte, da ihm die Götter hold waren. Eine verschärfter Version des Holmgang war der Einvigi. Beim Einvigi gab es keine Schiedsrichter, keinen genormten Kampfplatz und keine ”Bis-zum-ersten-Blut”-Möglichkeit. Gekämpft wurde ohne Regeln, mit jeder Waffe, an jedem Ort und nach jeder Kampftechnik! Sieger war, wer seinen Gegner tötete.

 

Quelle: wikipedia.de